[Discuss] [Wien] Freie Software auf Routern künftig verboten?
Erich N. Pekarek
(spam-protected)
Do Sep 3 20:35:55 CEST 2015
Hallo!
Am 2015-09-03 um 14:37 schrieb Gottfried Motowidlo:
> ...
Ich teile die Besorgnis, möchte jedoch auch eine andere Sichtweise
einbringen.
> Da gibt es einen sehr besorgniserregenden Artikel auf "heise.de
> <http://heise.de>":
> http://www.heise.de/newsticker/meldung/Funkregulierung-Angriff-auf-alternative-Software-2803189.html
Die Aufregung könnte überzogen sein, da die wirklich funkrelevanten
Teile sowohl bei DD-WRT, OpenWRT und auch bei Android sowieso
ausgelagert sind:
(ART-Partition bei Atheros-basierten Geräten; Android unterscheidet
zwischen der Organizerfirmware, dem Kernel und dem Teil, der die
Funkfirmware enthält).
Natürlich ist es bedenklich einen "Markt" zu regulieren, der den
OpenSource-Sektor bedient.
Dafür spricht jedoch, dass Entwickler eben entgegen teilweise
vorhandener strafrechtlicher Bestimmungen IMSI-Catcher,
DECT-Abhöranlagen und Bluetooth-Remote-Zugriffsmöglichkeiten entwickelt
haben. Dass dies jedoch auch seriöse wissenschaftliche Arbeiten zur
Verbesserung der allgemeinen IT-Sicherheit sind, wird anscheinend ignoriert.
Im Bereich der Community-Networks, wird man wohl eingestehen müssen,
dass die Ausreizung der Grenzen dessen, was die Hardware in Sachen
Sendeleistung hergibt, längst Realität ist. Die Regulierer können
dagegen letztlich nichts tun. Die Normative Kraft des Faktischen beginnt
sich zu entfalten.
Aus diesem Hintergrund ist es verständlich, dass der Hebel anderswo
angesetzt wird.
Bemühungen, OpenSource zu fördern, werden mit solchen Aktionen freilich
unterwandert.
Die Entwicklung scheint aus meiner Sicht aber nur die bestehende
Situation in Gesetze zu gießen.
Die Chiphersteller produzieren im Wesentlichen ebenso wie die
Grafikchipbranche es tut ClosedSource und APIs - das kann man in
diversen Diskussionen rund um OpenWRT, und länderspezifischen
(Regulatories) Code nachlesen.
Da die Mobilfunkbranche mittlerweile auf eine Mitbenutzung des
5GHz-Bandes schielt, scheint es aus Perspektive der Regulierer nur
logisch und richtig zu sein, die Einhaltung von Normen auch auf diesem
Weg zu forcieren. Immerhin geraten die in Entwicklung oder auch im
Rollout befindlichen Funkstandards die Bandbreite aus, sodass
Kollisionen an der Tagesordnung stehen.
Ich persönlich würde mich als Gegner dieser Tendenzen betrachten. Das
ISM-Band ist eben zur freien Nutzung vorgesehen und soll gerade keinen
Wettbewerbsvorteil für Konzerne bieten, denen ohnedies regulierte Bänder
zur Verfügung stehen.
Auch halte ich nichts von einer weiteren Überregulierung, kann aber die
Position verstehen. Dennoch ist es der falsche Weg, die Entwicklung von
OpenSource-Software zu behindern. Viele Hersteller verwenden, wie der
Heise-Artikel es auch schreibt, OpenWRT als Basis und tragen selbst zur
Weiterentwicklung bei.
In Zukunft würde nach strukturellen Änderungen also nur die Modifikation
der Nutzerschnittstelle möglich sein - auf der anderen Seite ist das bei
den Androiden inzwischen gängige Praxis - außer es wird eine
Radiofirmware auf ein ähnliches Gerät übertragen. In diesen Fällen
schützt jedoch bereits das Urheberrecht in ausreichender Weise.
Und genau genommen stellt das Verändern der Routerfirmware (sofern der
Radio-Teil verändert wird) auch nach geltendem nationalen Recht
(aufgrund der RL 1999/5/EG ein Erlöschen der allgemeinen
Betriebserlaubnis dar.
> Grüße
> Gottfried
Aus legistischer Sicht ist es zu begrüßen, dass die alte RL aus 1999 nun
ein Facelifting erfährt. Der OpenSource Markt bei Routern wurde damals
nicht berücksichtigt. Den Herstellern jedoch Beschränkungsmaßnahmen
vorzuschreiben mag aus frequenznutzungsregulatorischer Sicht sinnvoll
erscheinen, andererseits schiesst die RL mit derartigen
Wettbewerbsbeschränkungen, die sich auf die Erwerbsfreiheit kleinerer
Softwareentwickler negativ auswirkt, schlägt über das Ziel hinaus. Auch
in Hinblick auf die Reduktion von Elektroschrott ist dies eine negative
Entwicklung, da die Lebensdauer der Geräte durch Aftermarket-Firmwares
verhindert wird. Eine gesetzliche Verpflichtung zu langjährigen
Softwareupdates durch die Hersteller vermisst man hingegen - sie wäre
wohl auch fruchtlos. Das Europa der Konzerne hat wieder einmal zum
Nachteil der Konsumenten zugeschlagen.
>
>
> --
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LG
Erich
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